Projekt 237 Madagaskar: Bericht Oktober 2022
Schulbildung für Kinder in entlegenen Dörfern
Bildung zu den Kindern bringen
Den Mädchen und Buben in abgelegenen Dörfern Madagaskars Schulbildung ermöglichen – das ist das Ziel der lokalen Organisation VOZAMA. Seit 2009 unterstützt der Entwicklungshilfeklub gemeinsam mit Misereor die bewährte Bildungsarbeit dieses Projektpartners. Mit Ihrer Spende konnten wir dazu beitragen, jedes Schuljahr rund 60 Dorfschulen mit dem nötigen Lernmaterial wie Schultafeln, Kreide, Heften, Büchern und Bleistiften auszustatten, damit die Kinder dort mit Freude lernen können. Damit Kinder in den ländlichen Gegenden Zugang zu Schulbildung erhalten, bringt VOZAMA die Schule zu den Kindern. Denn der sonst übliche umgekehrte Weg ist meistens nicht möglich: Der Staat hat viele Schulen geschlossen. Die verbliebenen sind zu weit entfernt für die fünf- bis sechsjährigen Kinder und die Wege zu gefährlich. Straßen sind in schlechtem Zustand oder fehlen, auch Kriminalität ist ein Problem.
Schulen im Herzen der Dörfer
VOZAMA eröffnet daher direkt in den Dörfern Schulen. So entfallen die stundenlangen, gefährlichen Fußmärsche und jedes Kind kann am Unterricht teilnehmen. Allerdings müssen die Eltern mit anpacken: Sie beteiligen sich an den Kosten für die Tische und Stühle, und
die gesamte Dorfgemeinschaft hilft dabei, ein Gebäude zu finden und herzurichten. Ebenso ermöglicht der Partner Interessierten aus den Dörfern, sich weiterzubilden und dann im eigenen Dorf zu unterrichten.
Bildungsarbeit stärkt die ganze Gemeinschaft
Die Lehrerinnen und wenigen Lehrer erhalten zunächst eine dreimonatige Schulung. Danach kommen erfahrene, oft pensionierte Lehrkräfte einmal im Monat in ihr Dorf, besuchen den Unterricht und geben Rückmeldungen. Auch ein Schulungstag zur Unterrichtsvorbereitung findetin diesem Rahmen statt. Das Erfolgsrezept von VOZAMA besteht dabei darin, alle Beteiligten mitzunehmen. Die Lehrmittel stellen die Mitarbeitenden von VOZAMA selbst zusammen. Dabei orientieren sie sich an der Lebenswirklichkeit der Menschen. So ist das Material anschaulich und motivierend. Von der Bildung profitieren aber nicht nur die Kinder und ihre Eltern. Aufforstungsprogramme, Schulungen zum Umweltschutz und Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und Hygiene helfen allen Bewohnerinnen und Bewohnern im Dorf weiter. In einer Gemeinschaft engagierter Menschen wachsen die Kinder in dem Bewusstsein auf, dass es sich lohnt, in die Zukunft zu investieren. Auch bei den Eltern verändern die Mitarbeitenden von VOZAMA den Blickwinkel. Alle zwei Monate – sofern die Corona-Pandemie es erlaubt – halten sie Workshops ab zu Themen wie Kinderrechte oder Teilhabe.
Qualitätsvoller Unterricht
Zwei Jahre lang besuchen die Kinder die Dorfschule. Sie erhalten hier eine Grundausbildung im Lesen, Schreiben und Rechnen. So gerüstet können sie dann weiter zur staatlichen Schule gehen. Meist steigen sie dort direkt ins zweite Schuljahr ein – ein Beleg für die Qualität des Unterrichts im Dorf. Im Schuljahr 2020/2021 besuchten insgesamt 6.867 Kinder die 247 Dorfschulen von VOZAMA und erhielten so die nötigen Grundlagen für eine bessere Zukunft.
Für jedes Kind ein Baum
Einmal im Jahr veranstaltet VOZAMA einen großen Pflanz-Tag, an dem für jedes Kind, das zur Schule geht, ein Baum gepflanzt wird. Die Kinder lernen so, ein Bewusstsein für die Umwelt zu entwickeln. Dass das einen nachhaltigen Eindruck auf die jungen Menschen macht, zeigt Rafaranirina Prisca, heute 16 Jahre alt, die erzählt: „Als ich klein war, ging ich auf die VOZAMA-Schule in Amparihilava. Ich erinnere mich gut daran, dass wir einmal im Jahr Bäume pflanzten. Damals gab es dort in den Bergen nur wenige Bäume, heute ist da ein Wald. Es ist schön zu sehen, wie die kleinen Pflanzen von damals herangewachsen sind.“ Sie selbst besucht heute eine allgemeinbildende Schule in Vakoa.
Unterstützung für die Menschen in der Krise
Die letzten Jahre standen auch auf Madagaskar im Zeichen der weltweiten Corona-Pandemie. Nicole Rasoamanrivo, die in der Schule ihres Dorfes im Gebiet Iharanantany für VOZAMA arbeitet, erzählt: „Während des Lockdowns konnten die Kinder über sechs Monate lang nicht zur Schule gehen. Als sie endlich zurückkamen, waren sie verwirrt und die negativen Auswirkungen auf ihren Lernstand waren sehr deutlich. Das war hart für mich. VOZAMA half uns mit Waschgelegenheiten, Seife und Mund-Nasenbedeckungen, so dass wir den Unterricht wieder aufnehmen konnten.“
Auch wirtschaftlich hat die Coronakrise die Insel hart getroffen. 75 Prozent der Madagassen leben unter der Armutsgrenze. Das bedeutet, dass sie täglich weniger als 2 Euro für Lebensmittel zur Verfügung haben. Die finanzielle Situation ist schwieriger geworden, denn die Menschen in den Dörfern haben weniger Einnahmen. „Die Eltern können ihre Beiträge für die Schule derzeit nicht bezahlen“, sagt Nicole Rasoamanrivo. So etwas wie staatliche Corona-Nothilfe gibt es auf Madagaskar nicht. Umso wichtiger ist es, dass die Arbeit vor Ort und das Bildungsprogramm weitergehen. Denn Bildung ist der einzige Weg heraus aus der bitteren Armut.
Nahrungsmittelhilfe
Der Süden Madagaskars ist seit den letzten Jahren von wiederkehrenden Hungersnöten gezeichnet. Dürren
und ausgefallene Ernten sorgen für schwere Unterernährung bei tausenden Menschen. VOZAMA hilft in dieser Notsituation über das gemeinsame Projekt hinaus und organisiert die Verteilung von Lebensmitteln. Dafür engagieren sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter während ihres Urlaubs, um mit anzupacken. Reis und Gemüse erreichen so hunderte Familien.
Sauberes Trinkwasser
Ebenso wichtig ist der Zugang zu sauberem Trinkwasser. VOZAMA konnte diesen im vergangenen Jahr 390 weiteren Menschen ermöglichen. Insgesamt sind es tausende Madagassen, die Dank VOZAMA sauberes Wasser erhalten. So wird noch einmal deutlich, wie ertragreich jede Unterstützung ist – sie schafft nachhaltig Wege in eine bessere Zukunft.
Durch die großzügige Unterstützung von 838 unserer SpenderInnen wurden von 2009 bis 2022 insgesamt 233.126 Euro aufgebracht. So konnten wir gemeinsam dazu beitragen, dass jedes Jahr rund 800 Kinder an 60 Schulen das nötige Lernmaterial und somit Zugang zu Schulbildung erhielten. Herzlichen Dank, dass Sie das alles möglich gemacht haben!
Um die Bildung von Kindern im dörflichen Madagaskar auch in Zukunft gewährleisten zu können, bitten wir weiterhin um Unterstützung für unser Projekt 237 „Ein Dorf macht Schule“.
Redaktion und Text: Johanna Jung / Simone Raillon (Misereor) und Entwicklungshilfeklub