Am 24. April 2013 geschieht in Dhaka, der Hauptstadt Bangladeschs, ein „Unfall“ in einer Textilfabrik, der sich als „Rana-Plaza-Katastrophe“ ins kollektive Gedächtnis der Menschen weit über die Grenzen Dhakas hinaus einbrennt. Eine der größten Textilfabriken, das Rana Plaza Gebäude stürzte ein und begrub tausende TextilarbeiterInnen unter sich, mehr als 2.500 weitere werden verletzt. Eine Katastrophe, die leicht vermeidbar gewesen wäre.

Quelle: Animesh Biswas et. al.
Was ist geschehen?
Im Rana Plaza wurde Kleidung u. a. für Benetton, Bonmarché, Prada, Gucci, Versace, Zara, Mango, KiK und Primark produziert. Das Rana Plaza Gebäude beherbergte neben den Textilfabriken auch eine Bank, Wohnungen und mehrere Geschäfte. Als am 23. April 2023 Risse in den Wänden festgestellt werden, beschließen die Bank und die Geschäfte sofort zu schließen. Die BewohnerInnen der Wohnungen werden evakuiert. Doch die Eigentümer des Gebäudes ignorieren die Warnungen und geben den TextilarbeiterInnen die Anweisung, weiter wie bisher zur Arbeit zu kommen. Den ArbeiterInnen wurde mit Entzug eines Monatslohns gedroht, sollten sie sich weigern. In den Morgenstunden des folgenden Tags ereignet sich das Unglück: Das achtstöckige Gebäude stürzt in sich zusammen.
Doch das tragische Unglück stellt keinen Einzelfall dar: Erst fünf Monate zuvor waren 112 TextilarbeiterInnen im Brand einer anderen Textilfabrik in einem Außenbezirk Dhakas ums Leben gekommen.
Grund für solche Unfälle ist, dass die meisten Textilfabriken die gesetzlichen Sicherheitsstandards nicht einhalten und die TextilarbeiterInnen einem unsicheren Arbeitsumfeld aussetzen. Dadurch werden Feuer und Einstürze wahrscheinlicher und gefährlicher zugleich.
10 Jahre später
Heuer jährt sich die Rana Plaza Katastrophe zum 10. Mal. Was ist seitdem geschehen?
Familien der verstorbenen wurden Steine in den Weg gelegt, um überhaupt eine Entschädigung für den Verlust ihrer Angehörigen zu erhalten. So mussten sie beispielsweise Blutsverwandtschaft mittels DNA-Tests nachweisen. Selbst wer durch alle Hürden gelangte, erhielt am Ende nur $ 200. Viele der Unternehmen im globalen Norden, für die nachweislich im Rana Plaza Kleidung produziert wurde, weigerten sich, überhaupt Entschädigungen zu leisten.
Seit dem Einsturz der Rana Plaza Textilfabrik hat die Internationale Arbeitsorganisation (International Labour Organization; ILO) 109 Industrieunfälle in Bangladesch registriert – mindestens 35 von ihnen geschahen in Textilfabriken.
2015 stellte das NYU Stern Center for Business and Human Rights fest, dass von 3.425 inspizierten Kleidungsfabriken in Bangladesch nur acht ausreichende Sicherheitsmaßnahmen gesetzt hatten, um eine positive Evaluierung zu erhalten.
Insbesondere Frauen sind von den ausbeuterischen Arbeitsbedingungen der Textilindustrie betroffen. Auch das ist spätestens seit der Rana Plaza Katastrophe klar, wo die Mehrheit der Todesopfer Frauen waren.
Auch längst ist klar, dass es kein Problem ist, dass allein in Bangladesch besteht. Die Textilindustrie siedelt sich in Ländern an, in denen die Arbeitsbedingungen schlecht und die Löhne niedrig sind, sowie in denen die Einhaltung von vorgeschriebenen Maßnahmen für Mensch und Natur nicht oder nur mangelhaft kontrolliert wird. Dies betrifft unterschiedliche Länder im Globalen Süden. Der gemeinsame Nenner ist Ausbeutung.
Wie wir gemeinsam TextilarbeiterInnen unterstützen können
Doch was kann man tun, damit die Situation nicht so bleibt wie sie ist und solche Katastrophen zu verhindern?
Manche Staaten haben erkannt, dass sie eine Pflicht trifft, Konzerne für die Produktionsbedingungen zur Verantwortung zu ziehen. Doch das Lieferkettengesetz der EU – das ambitionierteste dieser Art – geht in vielen Bereichen nicht weit genug und ist außerdem noch immer nicht in Kraft.
Manche Unternehmen haben ihre Verantwortung erkannt und setzen auf sog. Corporate Social Responsibility (CSR) – doch wie ernsthaft diese Bemühungen sind, muss oft bezweifelt werden.
Stärkung von Rechten

In ihrem Einsatz für bessere Arbeitsbedingungen haben Sopheap und ihre Kolleginnen bereits einige Erfolge erzielt.
In unserem Projekt 372 „Zeit für Veränderung“ unterstützen wir TextilarbeiterInnen dabei, sich zusammenzuschließen und gemeinsam einen positiven Wandel in den Fabriken einzuleiten. Das Projekt wird durchgeführt in Kambodscha, wo mehr als 600.000 Menschen, 85 % davon Frauen, in der Kleidungsindustrie beschäftigt sind. Für einen Hungerlohn arbeiten sie oft bei unerträglicher Hitze, mit gefährdenden Chemikalien und ohne soziale Absicherung.
Ziel des Projekts ist, dass ihnen die Werkzeuge gegeben werden, um ihr Recht auf menschenwürdige Arbeitsbedingungen und faire Löhne durchzusetzen. Unsere Partnerorganisation Oxfam führt zu diesem Zweck Schulungen durch, in denen die ArbeiterInnen über ihre Rechte aufgeklärt werden und sie lernen, ihre Anliegen zu formulieren, sie vor ihren ArbeitgeberInnen zu vertreten und sich kollektiv für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. Mit Ihrer Spende ermöglichen Sie diese Schulungen sowie Kampagnen in Kambodscha für menschenwürdigere Arbeitsbedingungen in der Kleidungsbranche.
Existenzsicherung
Unsere Partnerorganisation Netz Bangladesch geht einen anderen Weg und unterstützt die Menschen in Bangladesch insofern, dass sie durch Projekte wie bspw. unser gemeinsames Projekt 298 „Ein Leben lang Reis“ extrem armen Familien in ländlichen Gegenden finanzielle Starthilfe zum Aufbau einer kleinen wirtschaftlichen Aktivität wie einer Kleintierzucht oder eines Kleinhandels ermöglicht. Unterstützen Sie die Familien bei ihrer Existenzsicherung, sodass diese gar nicht erst in die Städte auswandern und unter menschenunwürdigen Bedingungen arbeiten müssen.
Konsumverhalten überdenken
Was es außerdem braucht, ist ein Umdenken im Globalen Norden, was den Konsum von Kleidung betrifft. Wer sein eigenes Konsumverhalten im Licht der Auswirkungen der Modeindustrie auf Mensch und Umwelt überdenken möchte, der kann sich die Tipps der Umweltberatung Wien anschauen.Hier gibt es eine Liste von Second-Hand-Geschäften in Österreich sowie Online-Tauschplattformen und hier ist der Label-Check der Clean Clothes Kampagne, der beleuchtet, ob hinter Gütesiegeln wirklich faire Arbeitsbedingungen stehen.
Weiterführende Materialien
Unsere Partnerorganisation Netz Bangladesch hat Ihre neuesten Zeitschrift „Wie die Welt Bangladeschs Textilarbeiterinnen vergessen hat“ dem traurigen Jubiläum der Rana-Plaza-Katastrophe gewidmet: Download der Zeitschriftschrift